Freitag, 22.09.2023

14:15 - 15:30

Raum Q110

E07

Wohnen

Moderation: J. Zimmermann, Köln

14:15
Auswirkungen der Wohnumfeld auf die Gebrechlichkeit hochaltriger Menschen in Deutschland während der COVID-19 Pandemie
E07-1 

J. Zimmermann; Köln

Fragestellung: Die aktuelle Studienergebnisse zeigen, dass die COVID-19 Pandemie einen negativen Einfluss auf die Gesundheit hatte. Vor allem während der Pandemie verbrachten ältere Menschen die meiste Zeit zu Hause und in der unmittelbare Wohnumgebung. In Deutschland konnte soweit keine Studie identifiziert werden, die sich mit dem Zusammenhang zwischen den wohnbezogenen Merkmalen und der Gesundheit bei Älteren während der Pandemie beschäftigte. Daher ist das Ziel dieses Beitrags zu untersuchen, wie sich die Wohnumgebung der Hochaltrigen in Deutschland auf die Gebrechlichkeit auswirkt.

Methodik: Für die Analysen wurden die Daten aus der repräsentativen Studie „Hohes Alter in Deutschland“ (D80+) verwendet, in deren Rahmen insgesamt 10 578 Personen im Alter von ≥80 Jahren schriftlich befragt wurden. Die Gebrechlichkeit wurde durch Erschöpfung, unbeabsichtigter Gewichtsverlust, Schwäche und niedrige körperliche Aktivität operationalisiert. Folgende Merkmale der Wohnumfeld wurden berücksichtigt: subjektive Begehbarkeit der Wohnumgebung, subjektiver Zustand des Wohngebäudes, Art des Wohngebäudes, Gemeindegröße, Region, soziale Kohäsion und Verbundenheit mit der Wohnumgebung. Unter Berücksichtigung des komplexen Stichprobendesigns wurde ein lineares Regressionsmodell berechnet.

Ergebnisse: Die vorläufige Ergebnisse zeigen, dass das Wohnen in einer weniger begehbaren Wohnumgebung mit höherem Anzahl der Gebrechlichkeitssymptome assoziiert ist. Des Weiteren war das weibliche Geschlecht, ein höherer Hilfebedarf bei instrumentellen Alltagsaktivitäten, eine schlechtere subjektive Gesundheitsbewertung, eine niedrigere Lebenszufriedenheit sowie ein niedrigeres Bildungsniveau mit einer erhöhten Anzahl der Gebrechlichkeitssymptome verbunden.

Diskussion: Die Befunde deuten darauf hin, dass eine höhere Fußgängerfreundlichkeit der Wohnumgebung die sehr alte Menschen vor Gebrechlichkeitssymptomen während der COVID-19-Pandemie schützen kann. In Anlehnung auf die Öko-Gerontologie wird davon ausgegangen, dass die Anpassungsfähigkeit sehr alter Menschen an gesundheitliche Verluste von den verfügbaren Ressourcen abhängig ist. Da vor allem im sehr hohen Alter die Wohnumgebung eine bedeutende Rolle spielt, sollten Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnumgebung innerhalb sowie außerhalb der Häuser bzw. Wohnungen ergriffen werden, um zum Beispiel Barrierefreiheit zu gewährleisten oder Fußwege aufrechtzuerhalten.

14:30
Generationenwohnprojekte im Längsschnitt – von der Intention zur gelebten Umsetzung
E07-2 

U. Otto, H. Kaspar, L. Pock, E. Althaus; Tübingen, Bern/CH, Zürich/CH

Seit über 40 Jahren gibt es Generationenwohnprojekte, mittlerweile nehmen sie rasant zu. Viele weisen damit ganz viel gelebte Erfahrung auf. Wie aber verändern sich ihre Ursprungsideen im Blick auf die konkreten Erfahrungen und Entwicklungen – nach mehrjährigem Bestehen?

Die Forschungsfragen der aktuellen Studie (2020-23) fokussieren den kaum untersuchten Aspekt der langfristigen Entwicklung der Projekte: (1) Alltagsleben im Lauf der Zeit: Wie gestaltet und verändert sich das (inter)generationelle Zusammenleben im «Alterungsprozess» von Generationenwohnprojekten (und ihrer Bewohner*innen), von den anfänglichen Intentionen bis hin zum gelebten Wohnalltag über die Zeit? (2) Strukturelle Anpassungen? Wie entwickeln sich die Projekte auch längerfristig weiter bzgl. ihrer strukturellen/finanziellen und betrieblichen Organisation, ihrer inhaltlichen Ziele, ihrer Bewohnerschaft, ihrer gebauten Räume und deren Nutzung sowie ihrer Interaktion und Einbettung in unmittelbare und erweiterte Quartiernachbarschaft? (3) Die Wirkungen: Wie nachhaltig wirken die Projekte? Welche «Ausstrahlung» entfalten sie im Quartier, in der weiteren Umgebung sowie für die Entwicklung neuer Projekte?

Methode: Die Studie basiert methodisch auf einer breiten Bestandsaufnahme über die gesamte Schweizer Projekteszene. Auf deren Basis erfolgen eine kategoriale und beschreibende Systematisierung von 16 ausgewählten Projekten sowie 6 vertiefte multiperspektivische Fallstudien. Aus einer Synthese und vergleichenden Analyse der Erkenntnisse werden Handlungsempfehlungen für künftige Projekte herausgearbeitet.

Ergebnis+Schlussfolgerung: Die Heterogenität ist gewaltig, sowohl bzgl. der Rahmenbedingungen, der Phänomenologie als auch in Sachen „Gemeinschaftlichkeit“. Letztere wird vielfältig beeinflusst – durch „software“-Faktoren: die implizite oder explizite Programmatik, Steuerungsmechanismen, Organisations- und Zusammenlebenskultur, Bewohnendenmix. Und durch „hardware“-Faktoren: Wohnungstypologien, bauliche (Gemeinschafts-)Infrastruktur, Städtebau.

Der Vortrag präsentiert erstmals Überblicksergebnisse des Gesamtprojekts. Er will einen Beitrag leisten, um bestehende und entstehende Praxis des Generationenwohnens zu stärken.

14:45
Wer nutzt technische Hilfsmittel im Alter? Der Einfluss sozialer, psychologischer und funktionaler Faktoren auf die Implementierung von technischen Hilfsmitteln im Haushalt von Menschen ab 65 Jahren in Europa
E07-3 

L. Schmidt, H. Büßecker, M. Wagner, A. Franke; Heidelberg, München, Ludwigsburg

Ausgangslage: Technische Modifikationen und Ausstattungsmerkmale in der Wohnung, z. B. Handläufe oder Rampen für Rollstühle, sollten es Personen mit Funktionseinschränkungen ermöglichen, ihre soziale Teilhabe, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden im Hinblick auf das Altern so weit wie möglich zu erhalten (Ageing in Place). Aktuelle Studien konzentrieren sich häufig auf die Beschreibung der Verteilung bestimmter technischer Anpassungen in Haushalten, liefern aber oftmals wenige Informationen über soziale, psychologische und funktionale Faktoren, die diese Implementierung vorhersagen, oder detaillierte und vielschichtige Daten über Zusammenhänge mit Merkmalen der älteren Nutzer*innen.

Fragestellung: Ausgehend vom Konzept der Personal-Environment-Fit fragen wir, welche sozialen, psychologischen und funktionalen Faktoren für die Umsetzung technologiebasierter häuslicher Anpassungen ausschlaggebend sind.

Methodik: Die Datenanalyse mittels hierarchischer logistischer Regression basiert auf der 6. Welle des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) über 18 europäische Länder (N=38.553 ältere Erwachsene im Alter von 65-105 Jahren, M = 74,4 Jahre, SD = 7,1; 55% Frauen). Darüber hinaus wurden Personen im dritten Alter (65-79 Jahre) und vierten Alter (80+) miteinander verglichen.

Ergebnisse: Indikatoren der Funktionsfähigkeit erklärten den höchsten Anteil der Varianz, gefolgt von sozialen Ressourcen. Die Varianzerklärung war für das vierte Lebensalter höher als für das dritte Alter. Insbesondere ältere Erwachsene mit körperlichen Einschränkungen, sozial isolierte Erwachsene und Personen, die Pflegeleistungen erhielten, nutzten seltener Hilfsmittel.

Zusammenfassung: Die Studie gibt einen Überblick über die Assoziationen verschiedener Variablen mit Hilfsmitteln und Modifikationen in der Wohnung und kann als Ausgangspunkt für Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens im Hinblick auf die Heterogenität von Personen ab 65 Jahren dienen.

15:00
Do take your time! The effect of response time on the inconsistency of responses in old age
E07-4 

M. Schulz, C. Gross, A. Teti; Vechta, Würzburg

Objectives: Baltes and Baltes (1990) developed the model of selection, optimization, and compensation for maximizing gains and minimizing losses in old age. This paper focuses on compensation mechanisms, specifically on compensating via lengthened time-use in difficult tasks, like answering a complex questionnaire (factorial survey design) consistently. We expect the response inconsistency to increase in old age, not generally but only if the response time is short.

Method: Of 323 participants, 266 completed the questionnaire and answered at least nine of ten vignettes. Bivariate correlations, hierarchical regression analysis as well as moderation analyses were performed. Respondents’inconsistency was measured by absolute value of residuals. Participants were on average 65.03 years old (SD=10.21), with 56.02% being female. The average time to complete the questionnaire was 12.61 minutes (SD=7.32).

Results: A bivariate analysis showed positive associations between age and response time (r=.32, p<.01). Hierarchical regression analysis showed older people (β = .26, p<.01) and those with a short duration of residence (β >=-.23, p<.01) were more inconsistent. Moderation analyses showed no significant interactions, but Johnson-Neyman plots indicates significant associations between age and inconsistency only for some intervals of the variable response time (2.33-25.44min).

Conclusion: We found associations between age and inconsistency especially when response time was short. This study contributes to the growing body of research dealing with compensation mechanisms in old age.

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