Donnerstag, 21.09.2023
16:30 - 18:00
Hörsaal Q016
W12
„Linking Ages“ als Irritationspotenzial. Sichtbarmachung von Dis/Kontinuitäten materiell-diskursiver Grenzziehungspraktiken in verschiedenen Lebensaltern.
Moderation: A. Wanka, Frankfurt a. M.; M. Feldmann, Frankfurt a. M.; K. Wazinski, Frankfurt a. M.
Fragestellung: Nicht zuletzt aufgrund der sozialpolitischen und medialen Diskussionen im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie erhalten in der sozialwissenschaftlichen und gerontologischen Forschung Formen von Adultismus und Ageismus, also Diskriminierungspraktiken aufgrund des Lebensalters, neue Aufmerksamkeit. Dem zugrunde liegt ein Verständnis von Alter als sozialer Praxis und Differenzkategorie, die im Sinne eines doing age in sozialen Situationen beständig reproduziert und aktualisiert wird – eine Perspektive, die zunächst eine gewisse Kontinuität impliziert (van Dyck 2020; Schroeter/Kühnemund 2020).
Methode: Im Anschluss an das un/doing differences-Konzept des Soziologen Stefan Hirschauer (2014, 2020) lassen sich mithilfe einer un/doing age-Perspektive (Höppner/Wanka 2021) jedoch auch Unterbrechungen und Diskontinuitäten altersspezifischer Praktiken in den Blick nehmen. Im Zentrum steht dabei die Frage, in welchen sozialen Situationen Alter durch unterschiedliche humane und non-humane Akteur*innen relevant bzw. irrelevant gemacht wird.
Ergebnisse: Das Forschungsprogramm ‚Linking Ages‘ nimmt dabei mindestens zwei Lebensalter (etwa: Kindheit oder Jugend und höheres Lebensalter) in den Blick, um Altersvorstellungen und -praktiken vom Nimbus ihrer Selbstverständlichkeit zu befreien und Dis/Kontinuitäten altersspezifischer Praktiken in ihrem Zusammenspiel mit anderen sozialen Differenzkategorien sichtbar zu machen. Dabei lassen sich mit dem Linking Ages-Forschungsprogramm nicht nur vermeintliche Selbstverständlichkeiten der Thematisierung von Alter in konkreten sozialen Situationen infrage stellen; darüber hinaus beinhaltet das Programm auch ein Irritationspotenzial für die gerontologische Forschungspraxis und Theoriebildung.
Zusammenfassung: In unserem Workshop werden wir anhand konkreter Beispiele aus zwei Promotionsarbeiten zu „Umzügen in wohlfahrtstaatlich verfasste Wohnformen im jungen und höheren Erwachsenenalter“ sowie „Schutzdiskurse und -praktiken in Kindheits- und Alter(n)sforschung“ das Potenzial der Sichtbarmachung von Dis/Kontinuitäten mithilfe einer Linking Ages-Perspektive diskutieren. Dazu werden wir mit den Teilnehmenden rekonstruieren, in welchen Situationen Alter als soziale Differenzkategorie relevant oder irrelevant gesetzt wird. In einer daran anschließenden Diskussion rücken implizite Altersnormen und -erwartungen und damit verbundene Konsequenzen für Forschung und Praxis in den Blick.
Fragestellung: Der erste Beitrag setzt sich mit der Frage auseinander, auf welche Weise Menschen und ihre Körper in pädagogischen Settings vor welcher Art von Ein- und Übergriffen geschützt werden. Durch das irritierende Moment der Kontrastierung zweier Lebensalter können gesellschaftliche und disziplinspezifische Annahmen über die Lebensphase der Kindheit und des höheren Alters sichtbar gemacht und Kontinuitäten in der Rede über altersspezifische Normen, Erwartungen, Rechte und Pflichten unterbrochen werden.
Methode: Anhand von Beispielen aus der Forschungsliteratur und aus Expert*inneninterviews werden die Teilnehmenden dazu eingeladen, sich mit Schutzdiskursen und -praktiken in verschiedenen Lebensphasen auseinanderzusetzen. Dafür erhalten die Teilnehmenden Text- und Interviewmaterial, in denen Schutzpraktiken und -notwendigkeiten in bestimmten Lebensaltern thematisiert werden. Der altersspezifische Kontext der Text- und Interviewausschnitte wird dabei bewusst ausgeklammert.
Ergebnisse: In Schreibgesprächen und anschließenden Diskussionen in Kleingruppen sollen die Teilnehmenden darüber nachdenken, auf welches Lebensalter sich die schutzbezogenen Aussagen und Praktiken beziehen und Argumente formulieren, die für und gegen eine Situierung in Kindheits- oder Altersforschung sprechen. Anschließend werden jene Text- und Interviewausschnitte, die von den Teilnehmenden der Kindheitsforschung und jene, die der Altersforschung zugeordnet wurden, kontrastierend betrachtet. In der anschließenden Plenumsdiskussion liegt der Fokus dann auf den Vorstellungen und Annahmen über die Lebensphase der Kindheit und des höheren Lebensalters, die der Kategorisierung zugrunde liegen.
Zusammenfassung: Durch die Fokussierung auf Schutzdiskurse und -praktiken in zwei Lebensaltern lassen sich Praktiken der Altersdifferenzierung rekonstruieren. Nicht zuletzt rückt dabei auch die Frage ins Zentrum, ob und wie Alter in schutzbezogenen materiell-diskursiven Praktiken relevant gesetzt werden und wann andere Differenzkategorien – etwa Geschlecht, Bildungsstatus oder soziale Klasse – dominieren. Der Workshop lädt dazu ein, über Ambivalenzen der Verbesonderung bestimmter Zielgruppen und der damit verbundenen Herstellung und Legitimierung von Altersgrenzen nachzudenken – und über Möglichkeiten, die Selbstverständlichkeit dieser kontinuierlichen Grenzziehungspraxis infrage zu stellen.
Fragestellung: Der zweite Beitrag nähert sich der Sichtbarmachung von Dis/Kontinuitäten über die Frage an, wie bei Umzügen in wohlfahrtstaatlich verfasste Wohnformen Alter(n) (ir)relevant gemacht wird. Wie im ersten Beitrag wird ebenfalls das „Linking Ages“-Forschungsprogramm als Perspektivierung genutzt, um über die Kontrastierung von Praktiken im jungen und höheren Erwachsenenalter empirisch Annahmen über bestimmte Lebensalter herauszuarbeiten und in ihrer Kontinuität zu irritieren.
Methode: Anhand von Ausschnitten aus Beobachtungsprotokollen, Interviewausschnitten und ersten Maps aus den Auswertungen der ethnographischen Daten wird im Workshop der Fokus auf Altersdifferenzierungen bei Umzügen in verschiedenen Lebensaltern gelegt. Die Teilnehmenden werden dazu aufgefordert sich anhand von Textausschnitten aus dem Datenmaterial mit der Praktik des Umzugs in verschiedenen Lebensaltern auseinanderzusetzen. Angaben über das Lebensalter werden dabei nicht explizit gemacht.
Ergebnisse: Mithilfe von Gesprächen in Kleingruppen und anschließenden Diskussionen in sollen die Teilnehmenden darüber nachdenken und begründen, auf welches Lebensalter und Praktiken sich diese Ausschnitte und Maps beziehen. Entsprechend der Fragestellung des Workshops soll dabei herausgearbeitet werden, wie hier Alter relevant wird und insbesondere diskutiert werden, inwiefern sich Alter(n) dabei ggf. auch als irrelevant erweist. In der anschließenden Plenumsdiskussion liegt der Fokus darauf, was sich durch diese Herangehensweise über das Alter(n) lernen lässt. Eine Diskussion über die Potenziale und Konsequenzen einer Linking-Ages-Forschungsperspektive rundet den Beitrag ab.
Zusammenfassung: In dem Workshop wird dazu eingeladen, sich anhand von konkretem empirischem Material mit einer Fokussierung auf Umzügen in wohlfahrtstaatlich verfasste Wohnformen in verschiedenen Lebensaltern mit Praktiken der Altersdifferenzierungen auseinanderzusetzen. Dabei sollen unter Rückgriff auf eine un/doing age-Perspektive (Höppner/Wanka 2021) 1.) etwaige Unterbrechungen und Diskontinuitäten altersspezifischer Praktiken in den Blick genommen, 2.) vermeintliche Selbstverständlichkeiten in Hinblick auf Alter(n) in konkreten sozialen Situationen in Forschung und Praxis infrage gestellt sowie 3.) Potenziale der Irritation durch das Linking Ages-Forschungsprogramm herausgestellt werden.