Freitag, 22.09.2023
09:30 - 11:00
Hörsaal Q016
S14
Komplexe pflegerische Interventionen: Bedeutung von Kontext- und Einflussfaktoren und Umsetzungsszenarien
Moderation: H. Michaelis, Meldorf
Veränderungen von Rahmenbedingungen in der vollstationären Pflege und fehlenden Ressourcen machen es erforderlich über neue Versorgungsmodelle und ihre mögliche Umsetzung zu diskutieren. Um eine Versorgungsstruktur für ältere Menschen weiterzudenken, benötigt es eine umfangreiche Betrachtung der Einflussfaktoren auf Pflegesituationen und eine Bewertung deren Komplexität.
Welche Einflussfaktoren beeinflussen die Pflegesituation und wie kann dem aus fachlicher Sicht begegnet werden?
Anhand des Beitrags „Komplexe Pflegesituationen, Einfluss- und Kontextfaktoren – ein Erklärungs- und Arbeitsmodell“ wird dargestellt, wie pflegerische Interventionen professionstheoretisch bewertet werden können und welche Einfluss- und Kontextfaktoren dabei zu berücksichtigen sind. Um die Einflussnahme einschätzen zu können und die Versorgung zu gestalten benötigt es einen interdisziplinären Ansatz, der Aspekte des Empowerments, der Quartiersentwicklung und der Bewertung des jeweiligen Sozialraum berücksichtigt und umfasst. Interdisziplinäre Ansätze werden bereits vielerorts verfolgt und in Modellprojekten erprobt. Mittels ausgewählter Beispiele aus der Sozialen Arbeit und der Pflege werden bestehende Modelle vorgestellt und diskutiert. Der zweite Beitrag „Regionale Pflegekonferenzen – Potenziale für Sicherstellung und Weiterentwicklung pflegerischer Unterstützungsstrukturen in Quartieren“ schließt an den vorherigen Vortrag an. Ausgehend davon, dass in der Versorgung von Menschen mit Hilfe- und Unterstützungsbedarf unterschiedliche Hilfs- und Unterstützungsnetzwerke einbezogen werden, wird anhand des Förderprojekts von Pflegekonferenzen in Baden-Württemberg (2020-2022) eine Möglichkeit der Informationsherstellung, Transparenz und Abstimmung der unterschiedlichen Netzwerke unter verschiedenen Akteur*innen, Disziplinen und ihrer Aufgabenverteilung aufgezeigt.
In einer Diskussionsrunde unter der Beteiligung der Teilnehmer*innen werden die Aspekte, Thesen und Gedanken der Vortragenden zum Thema Pflegekomplexsituation und ihre interdisziplinäre Betrachtung, sowie Bearbeitung fortgeführt und weitergedacht.
Bei der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen sind neben dem zu identifizierenden Pflegebedarf auch Einfluss- und Kontextfaktoren, wie beispielsweise das Vorhandensein sozialer Netzwerke, Einkommen, Compliance des Patienten, etc. zu berücksichtigen, die insbesondere in der häuslichen Versorgung zur Identifikation und Bewertung des gesamten Unterstützungsbedarfes herangezogen werden müssen.
Was bedeuten diese Einflussfaktoren für die Konzeption von Versorgung im häuslichen Umfeld um auch zukünftig eine ausreichende und passgenaue Pflege und Versorgung sicherzustellen?
Art, Umfang und Anspruch an professionelle Versorgung unterscheiden sich nach den Einfluss- und Kontextfaktoren, weshalb für eine professionelle und umfangreiche Versorgung diese mitgedacht werden müssen. Interdisziplinäre Ansätze und Versorgungsmodelle sind dafür unabdingbar.
Mit Hilfe eines hermeneutisch-professionstheoretischen Modells werden Überlegungen zur Betrachtung von Pflegesituationen und ihrer Einflussfaktoren, sowie ihre Einflussnahme dargestellt und diskutiert.
Anhand von Beispielen wird vorgestellt, wie der jeweils erforderliche Umfang von Interventionen interprofessionell bewertet und realisiert werden kann.
Die Versorgung von Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf ist von regionalen Bedingungen und Netzwerken abhängig und erfolgt zunehmend im Welfaremix, an dem primäre Netze, Assoziationen, Staat und Markt beteiligt sind. Da diese Akteure unterschiedlichen Systemlogiken folgen, fällt dem Staat zunehmend eine koordinierende Rolle zu. Wie die Zusammenführung der Akteur*innen bewerkstelligt werden kann, soll in Landespflegegesetzgebungen ausgeführt werden. Im novellierten Landespflegestrukturgesetz Baden-Württemberg (2018) wurde die optionale Bildung von Pflegekonferenzen ins Gesetz aufgenommen. In Baden-Württemberg wurde im Zeitraum von 2020 – 2022 die Einrichtung und Evaluation von Pflegekonferenzen gefördert, an der sich 33 Land- und Stadtkreise beteiligt haben. Als eine wichtige Aufgabe bei der Entwicklung des Formats der Pflegekonferenzen hat sich die sektorenübergreifende Herstellung von Information, Transparenz und Abstimmung unterschiedlicher Netzwerke bezüglich drängender Herausforderungen erwiesen. Dabei hat sich die Bearbeitung des Personalmangels herauskristallisiert, der von Dienstleistern der Pflege, regionalen Koordinierungsstellen in der generalistischen Pflegeausbildung, kommunalen Gesundheitskonferenzen, Bildungsverbünden und Seniorenvertretungen thematisiert wird und demzufolge breite Lösungsansätze erforderlich sind. Eine Aufgabe der Pflegekonferenzen wäre es, dass Kommunen mit den unterschiedlichen Akteur*innen ein durchgängiges Konzept der Förderung sowohl der Anzahl von Mitarbeitenden und Engagierten als auch ihrer Kompetenzen und Qualifizierung im Hinblick auf Pflege und soziale Teilhabe entwickeln und umsetzen.