Donnerstag, 21.09.2023
10:30 - 12:00
Raum Q110
E01
KI / Digitalisierung
Moderation: H. Künemund, Vechta
Hintergrund: Während KI-basierte Sprachassistenten immer mehr Einzug in den Alltag erhalten, gibt es bisher nur wenig Forschung mit Fokus auf die Zielgruppe Älterer. Im Projekt KI-Alter nutzen ältere Menschen einen kommerziellen Sprachassistenten über eine Dauer von vier Wochen im häuslichen Kontext. Die Nutzungserfahrung wird über Befragungen, Nutzungsstatistiken, ein digitales Tagebuch und Videodaten erfasst. Zu Beginn der Studie erhalten die Teilnehmenden eine zielgruppenspezifisch entwickelte Schulung zum Umgang mit dem Gerät. Das Forschungsdesign in KI-Alter zielt darauf ab, ein möglichst umfassendes Bild des Nutzungserlebens in einem ökologisch validen Setting zu generieren.
Methode: Das Projekt untersucht die Nutzung eines kommerziellen Sprachassistenten in einer heterogenen Gruppe älterer Menschen mit und ohne geistige Behinderung (n = 55, Ø-Alter ohne Behinderung: 73 (SD=6,0), Ø-Alter mit Behinderung: 57 (SD=6,8)). Auf Basis der verschiedenen Datenquellen im Projekt werden Ergebnisse zu Nutzung und Bewertung des Sprachassistenten über den Studienverlauf von vier Wochen berichtet. Neben deskriptiven Befunden werden auch Zusammenhänge zu Einstellungsvariablen (Technikakzeptanz, Technikangst) analysiert.
Ergebnisse: Die Nutzungsfrequenz variiert zwischen den Teilnehmenden stark und geht im Studienverlauf tendenziell zurück. Der Sprachassistent wird übergreifend positiv bewertet, jedoch liegt die wahrgenommene Nützlichkeit des Geräts zu Studienende niedriger als zu Beginn (p = .005). Die wahrgenommene Einfachheit, der Spaß an der Nutzung sowie die Angst vor dem Gerät und das Gefühl von Überwachung verändern sich nicht signifikant. In der Gruppe der Älteren ohne Behinderung nutzen Personen, die zu Studienbeginn angeben, sich durch das Gerät überwacht zu fühlen, den Sprachassistenten signifikant weniger.
Schlussfolgerungen: Es lassen sich nur vereinzelt Zusammenhänge der tatsächlichen Nutzung mit Einstellungsvariablen zeigen. Die gefundenen Zusammenhänge geben aber erste Hinweise darauf, dass sich die Bewertung des Geräts durch die Nutzungserfahrung verändern kann (verringerte Nützlichkeit) und dass vorherige Einstellungen (Gefühl von Überwachung) die Art und Weise der Nutzung beeinflussen können. Durch die Kombination verschiedener Datenquellen bietet die Studie detaillierte Einblicke in die Art und Weise, wie ältere Menschen einen kommerziellen Sprachassistenten im Alltag nutzen und diesen bewerten.
Fragestellung: Im letzten Jahrzehnt wurde vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung auch die Entwicklung von digitalen Gesundheitsdiensten und -anwendungen vorangetrieben. Ältere Erwachsene könnten von diesen Technologien besonders profitieren, haben aber immer noch weniger Zugang und berichten geringere Kompetenz im Umgang mit dem Internet. Auf Basis des Technologieakzeptanzmodells untersucht diese Studie die Intention älterer Erwachsener, neue digitale Gesundheitsdienste (z.B. E-Rezept, elektronische Krankenakte, Videosprechstunde) anzunehmen. Dabei werden Assoziationen mit dem wahrgenommenen Nutzen, Selbstwirksamkeit, Datenschutzbedenken, dem Wissen bezüglich Informations- und Kommunikationstechnik (IKT-Wissen) und Unterstützungsquellen (Familie, ehrenamtlich, formell/institutionell) betrachtet.
Methode: N = 478 ältere Erwachsene (M = 70,1 Jahre, SD = 7,8; 62 % Frauen) füllten entweder online oder im Papier-/Bleistiftformat standardisierte Fragebögen aus. Neben soziodemografische Merkmalen und dem subjektiven Gesundheitszustand wurden Variablen zur Technikakzeptanz untersucht.
Ergebnisse: Latente Strukturgleichungsmodelle zeigten, dass ein höherer wahrgenommener Nutzen, eine höhere Selbstwirksamkeit in Bezug auf digitale Gesundheitstechnologien und geringere Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes zu einer höheren Nutzungsintention digitaler Gesundheitsdienste beitrugen. Anders als angenommen, war das allgemeine IKT-Wissen kein signifikanter Prädiktor. Ältere Erwachsene, die angaben, bei technologischen Problemen mehr Unterstützung von Familienmitgliedern und formellen/institutionellen Einrichtungen zu suchen bzw. anzunehmen, berichteten auch höhere Nutzungsabsichten, während ehrenamtliche Unterstützung weniger relevant war. Außerdem war ein höheres Alter mit einem höheren wahrgenommenen Nutzen und einer geringeren Selbstwirksamkeit assoziiert.
Schlussfolgerung: Zukünftige Studien sollten, sobald digitale Service-Leistungen die Startphase überwunden haben und flächendeckend nutzbar sind, die vermittelnden Faktoren zwischen Intention und tatsächlicher Nutzung in längsschnittlichen Designs untersuchen.
Der Erhalt und die Stärkung der funktionalen Fähigkeiten stellen eine wichtige Säule sowohl für das Wohlbefinden im höheren Lebensalter als auch für die Bewältigung der, mit dem demographischen Wandel verbundenen, veränderten soziökonomischen Anforderungen dar. Ein entscheidender Baustein ist die ausreichende Aufmerksamkeit für die eigene Gesundheit und für Veränderungen im räumlichen und sozialen Bereich, welche die Selbständigkeit gefährden können. Der hochdynamische Fortschritt bei den digitalen Technologien macht die Entwicklung neuer Assistenzsysteme möglich.
Mit dem Ziel einer Optimierung des gesundheitlichen Selbstmanagements wurde die App smartIMPULS entwickelt. Sie dient der Förderung der Aufmerksamkeit für Veränderungen besonders in den Bereichen der Funktionalität und Gesundheit, die bei älteren Menschen für den Erhalt einer möglichst selbstständigen Lebensführung besonders relevant sind. Indem täglich gezielt wenige Fragen gestellt und in überschaubarem zeitlichen Abstand wiederholt präsentiert werden, soll die Aufmerksamkeit der Anwender:innen von smartIMPULS auf relevante Veränderungen gelenkt werden. Zusätzlich werden durch die App Hinweise gegeben, auf bestimmte individuell besonders relevante Gesundheitsbereiche zu achten und dafür Information, Beratung oder Hilfe in Anspruch zu nehmen. Darüber unterstützt die regelmäßige Nutzung der App generell die eigenständige Kontrolle individueller gesundheitsrelevanter Themen.
In einer Validierungsstudie wird die smartIMPULS-App von Mai - September 2023 mit N=30 Personen im Alter von ≥ 67 Jahre über 12 Wochen hinweg smartIMPULS zur Nutzung unter Realbedingungen auf einem Tablet zur Verfügung gestellt. Daten zur Beurteilung von Usability und Akzeptanz von smartIMPULS werden gewonnen. Ein Prä-Post Design wird angewendet, um zu klären, in welcher Weise die App die Awareness älterer Menschen für die eigene Gesundheit fördert und welchen Beitrag die App zur Aufrechterhaltung einer möglichst selbständigen Lebensführung im Alter leisten kann.